Walk with me, Suzy Lee,
Through the park and by the tree,
We will rest upon the ground,
And look at all the bugs we’ve found,
I can tell that we are gonna be friends.
I can tell that we are gonna be friends.

 

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Man sagt, die Menschen, die uns auf Reisen begegnen, bleiben uns auf immer erhalten. Für mich ist das nicht nur ein kitschiges Klischee, sondern die Wahrheit.

In meinem Fall war es nicht nur eine Begegnung, sondern viel mehr als das. Es war mein Anker, der mich in Zeiten des Nicht-Verstehens und Kämpfens immer wieder an Land gezogen hat.

Ich begegnete ihr das erste Mal auf einem Intercambio – was so viel heißt wie „Tandem“. Ein Ort, an dem sich Chilenen und Deutsche austauschen, die Sprache lernen und einfach nur Spaß haben können.

Ich hatte Spaß. Und ihr Name lautet Clarissa.

Sie ist die Sorte Mensch, die den Moment lebt. Nicht an Morgen denkt, nicht an das, was sein wird, sondern das Leben voll auskostet. Und das auf so eine liebenswerte, manchmal etwas verplante und trotzdem bewundernswerte Art und Weise, das man sie einfach mögen muss.

Ich mochte sie jedenfalls. Vom ersten Moment an.

 

 ANQUATSCHEN UND NUMMERN AUSTAUSCHEN

 

Was uns vielleicht von Beginn an verbunden hat, war unsere gleiche Situation. Ein gemeinsamer Ausgangspunkt. Wir beide konnten gerade nur das nötigste Spanisch, beide aus Deutschland (Jaa, ich weiß, man will auf Reisen keine deutschen Freunde, aber manchmal tuts einfach gut) und mittendrin in etwas uns Unbekanntem.

Vollkommen egal, was es war: Ich habe mich ihr verbunden gefühlt. Und ich hatte Verbundenheit nötig. Bitter nötig.

„Anquatschen und Nummern austauschen“, denke ich bei mir, genau in dem Moment, als wir uns hilfesuchend anlächeln weil wir absolut nichts davon verstehen, was uns der süße Chilene gerade auf Spanisch gefragt hat. Und genau das mache ich auch und lade das deutsche Mädchen am Freitag zu mir ins Hostel ein.

„Kommste auf ne Flasche Rotwein vorbei!“ – damit kriegt man sie alle.

 

GIB MIR EIN GLAS ROTWEIN UND ERZÄHL MIR WER DU BIST

 

Freitag Abend ist gekommen, ich stelle sie meinen Freunden aus dem Hostel vor und irgendwie passt es. Es passt einfach zusammen. Kennst du das? Manchmal begegnest du Menschen und du spürst sofort, dass ihr auf einer Ebene seid, dass du so eben einen Wegbegleiter gefunden hast.

Unter lauter Manu Chao Musik, Wein, Gelächter und Gitarre spielen auf der Straße bekommt mein Wegbegleiter schnell den Spitznamen „Claris“ verpasst, welcher ihr bis heute bleibt. Doch bleibt ihr nicht nur ein Spitzname, sondern vieles mehr.

Was mit einer Flasche Rotwein begann, war der Anfang von etwas Kostbarem. Einem kostbarem Gut, dessen wir uns immer wieder bewusst machen müssen.

Freundschaft ist mehr als nur Menschen mit denen wir unsere Freizeit verbringen. Es sind Menschen, denen wir uns voll und ganz offenbaren, unsere tiefsten Wünsche, Ängste und Sehnsüchte teilen können. Und sei es manchmal auch nur eine Flasche Rotwein.

 

LASS UNS GEMEINSAM GEHEN

 

Mit Clarissa teilte ich mir all das und so vieles mehr.

Durchzächte Partynächte, Gespräche mitten in der Nacht, durch die sie und ich wachsen konnten. Voneinander lernen und auf unserem Weg ein kleines Stückchen gemeinsam gehen.

Hitchhiken nach Pichilemu, Couchsurfen, Tränen, Heimweh, singen, tanzen, Herzschmerz teilen, Weihnachten das erste Mal von der Familie getrennt zusammen verbringen, Sonnenbrände nach „Heut-will-ich-echt-mal-braun-werden-ich-muss-mich-nicht-eincremen“, Liebe erfahren, etwas riskieren und Dinge ausprobieren, an die ich daheim nicht mal denken würde, betrunken vom Wein die dunklen Straßen entlang wanken, sich dem Anderen gegenüber öffnen… Und sich wieder trennen.

 

SAY GOODBYE, I’LL NEVER FORGET

 

Der Abschied fällt mir nicht leicht. 2 Monate, die ersten 2 Monate in einem fremden Land war sie immer irgendwie an meiner Seite. Klar, jeder hat trotzdem auch sein eigenes Ding gemacht, aber war der Andere nur einen Steinwurf entfernt.

Und jetzt erstreckt sich der Steinwurf über 6500 Kilometer. Nämlich von Chile nach Kolumbien.

An unserem letzten Abend, bevor ich mein Nest verlasse, reden wir bis 3 Uhr Früh. Über Wichtiges, Unwichtiges und alles, was uns durch den Kopf geht.

Es ist gut und richtig zu gehen, das weiß ich. Trotzdem fällt mir der Abschied nicht leicht. Abschiede konnte ich noch nie leiden. Wir sagen „Auf Wiedersehen“ – aber woher wissen wir, dass wir den Menschen noch einmal sehen?

 

COME ON GIRL, LETS STOP CRYING AND BEING HAPPY AGAIN

 

„Ich finde es wahnsinnig mutig, was du machst!“, sagt sie, als wir uns ein vorerst letztes mal umarmen. Sie schenkt mir Vertrauen und Sicherheit, in einem Moment voller Unsicherheit.

Ich sehe sie das Hostel verlassen, hinausgehen in die Nacht, die so viele Geheimnisse mit sich trägt. Genauso wie mein weiterer Weg. Und in dem Moment trocknen meine Tränen und ein Lächeln zeigt sich auf meinem Gesicht, denn ich denke an unsere erste Begegnung:

„Kommste auf ne Flasche Rotwein vorbei“ – damit kriegt man sie alle.

Und ich habe sie gekriegt. Eine Freundschaft. Momente, die ich nicht missen möchte. Momente, die mir ein Leben lang im Herzen bleiben werden. Und an die ich denke, wenn ich mal wieder einen Anker nötig habe. Einen Anker namens Claris.

 

Tonight I’ll dream while I’m in bed,
While silly thoughts go through my head,

and when I wake tomorrow,
I’ll bet that you and I will walk together again.

Cause I can tell that we are gonna be friends.
Yes, I can tell that we are gonna be friends.

– The White Stripes –

 

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