Das erste mal, als ich dachte, mein Leben sei dezent scheiße hörte ich folgende Song-Zeile:
“One day baby, we’ll be old, oh baby we’ll be old and think of all the stories that we could have told.”
Kennst du den berühmten Poetry-Slam von Julia Engelmann? In dem sie über Selbstbetrug redet, angefixten Träumen, und darüber, etwas im Leben zu riskieren?
Ich sah das Video und spürte einen Kloß im Hals. Das will ich auch! Wachbleiben bis die Wolken wieder lila sind, mich trauen das zu sagen was ich denke und die zu sein, die ich bin.
Auch das 2., ok, vielleicht auch 3. Glas Wein konnte die Wahrheit nicht hinunterspülen, die ich schon viel zu lange ignorierte mir selbst einzugestehen:
Ich bin nicht glücklich. Und das war das Beste, was mir seit langem passieren konnte.
DIE WAHRHEIT SCHMECKT SCHEISSE
Dieser Abend veränderte mich. Es war der Startschuss zu etwas Neuem. Dem was-ist-wenn-ich-verfluchte-scheiße-mein-eigenes-Leben-verpasse-Denken. Zack, boom, pow krochen mir die Gedanken in meinen Kopf und ließen mich nicht mehr los:
Zu lange arbeite ich nun schon in ein- und demselben Cafe, “natürlich nur zum Übergang bis ich einen „richtigen“ Job habe” – jedoch dauerte dieser Übergang nun schon knapp 2 Jahre – und mein Traum Journalistin zu sein, den versuchte ich als Praktikantin!! mit 28 Jahren!! in einer kleinen Start-Up-Agentur unter Beweis zu stellen.
Ach ja und die Liebe.. Jaa, die lag nun auch schon 2 Jahre zurück.
WAS ZUR HÖLLE MACHE ICH HIER EIGENTLICH?
Kennst du das Gefühl? Wenn du tief drinnen eine kleine Stimme hörst, eine Stimme die dich fragen lässt: Was zur Hölle mache ich hier eigentlich? Was macht das für einen Sinn und macht es mich überhaupt glücklich? So richtig, dont worry, be happy-mäßig?
Ich hatte sie lange Zeit ignoriert, meine Stimme, denn sie könnte ja Veränderung bedeuten. Die böse Veränderung, ja vor der hatte ich mich schon immer ein bisschen gefürchtet. Doch jetzt wollte ich nicht mehr, ich wollte gottervdammt nochmal endlich hinhören was sie mir zu sagen hatte!
Nachdem ich Wochen in Selbstzweifeln versumpfte, Überlegungen was genau ich denn ändern könnte, meinem Leben mehr #yololiveyourlife-Feeling zu verpassen, kam der Tag X. Der Tag, wenn du deine eigenen Gedanken schon so satt hast, an dem du weißt, es gibt kein zurück mehr, jetzt ist eine Entscheidung fällig.
ICH PACKE MEINE SACHEN, BIN LOS MEIN KIND
Ich kündigte meine Wohnung, meine Jobs, packte meine Siebensachen und verabschiedete mich für ein halbes Jahr nach Südamerika. Mit dem Ziel Gutes zu tun, mich als Schreiberling unter Beweis zu stellen und gaaanz wichtig:
als starke Frau zurückzukehren, die weiß was sie vom Leben will und wo sie hinmöchte.
Die Vorbereitungen liefen in etwa so, wie die auf meine Abi-Prüfung: Kurz, kürzer, am kürzesten. Aber hey, ich hatte auch nur 2 Monate Vorbereitungszeit, was kann man da schon reißen?!
Ich machte keinen Plan. Vielleicht hatte ich Angst, wenn ich zu viel planen würde und darüber nachdenke, würde ich einen Rückzieher machen. Mich nicht trauen.
Also versteckte ich mich hinter einer Handvoll Karteikarten mit ein paar Spanisch-Floskeln sowie der nur-im-Notfall-Klarsichtsfolie meiner Mutter, in der sie die Telefonnummern der Chilenischen Botschaft – falls ich gekidnappt und an die Mafia verschleppt werde – aufbewahrte.
ABENTEUER, WARTE AUF MICH
Ich sagte mir selbst, dass das schon alles kommt, wenn ich auf dem Weg bin. Ich war postiv. Positiv und vielleicht auch ein bisschen naiv. Ach ja: und Spanisch, das lerne ich dort, kein Problem, no problemo amigo. Ach jaaa: Und die ganze verfluchte Welt wollte ich auch noch retten.
Das ich mich, vor allem mit der letzten Idee, ein klein wenig übernehmen könnte, war mir zu diesem Zeitpunkt meines Selbstfindungs-Stadiums nicht wirklich bewusst. Jedoch entschied ich mich dafür, meiner inneren Stimme zu folgen, die sich nach Abenteuer, einer Herausforderung und wenn ich ganz ehrlich bin, auch ein bisschen nach Flucht sehnte.
Ich ignorierte die Einwände meiner Freunde und Familie, die mich als „unverhoffte Weltverbesserin“ oder aber einfach nur für total bescheuert hielten. Ich schaltete meine Zweifel auf Flugzeug-Modus, hörte auf mein Herz und tat den ersten Schritt.
Den ersten Schritt auf meinem Weg. Und ich hatte eine Scheißangst.
Zerreiß deine Pläne, sei klug und halte Dich an Wunder. Sie sind lange schon verzeichnet im großen Plan. Jage die Ängste fort. Und die Ängste vor den Ängsten.“
Maschka Kaleko
Oh ja, bei der Textzeile im Lied von Asaf Avidan muss ich auch immer schwer schlucken. Und dann bin ich auch noch um einiges älter als Du!
Ich habe höchsten Respekt vor Deinem Weg und bewundere Deinen Mut!
Alles Gute weiterhin, freue mich hier zu lesen, wie es weitergeht….
Lydia
Liebe Lydia, vielen Dank für dein positives Feedback! Ja, ich denke, bei dem Lied geht es uns allen gleich 🙂 Egal wie alt wir sind – schön, dass dich die Songzeile genauso bewegt wie mich. Da sind wir schon mal 2 🙂 Heute Abend, immer Donnerstags, geht es weiter mit dem nächsten Artikel.. 🙂
Alles Liebe, Verena
Was für ein spannender Blog! Ich bin gespannt auf weitere Geschichten.
xx
Vielen Dank, liebe Sabine. Heute Abend kommt der nächste Artikel raus – immer Donnerstags 🙂
Hab einen schönen Tag,
alles Liebe, Verena
Hola, que tal? Wir finden es super, dass Du Dich entschieden hast, aus dem Hamsterrad zu steigen und Deinem Bauchgefühl zu folgen. Außerdem sind wir gespannt auf mehr Berichte von deinem Abenteuer in Südamerika, und wir kennen Chile auch ganz gut von einem längeren Aufenthalt dort! Que tal tu español ahora :-)?
Übrigens, wir konnten Julia Engelmann hier in München live erleben – ein sehr inspirierender Abend. Schau es Dir mal an unter http://www.reiseum.de/blog/2015/12/19/reiseums-tipp-3-poetry-slam-mit-julia-engelmann-im-gant-flagship-store-mnchen?rq=Julia
Saludos,
Alejandro und Birgitta von Reiseum
Hola Alejandro y Brigitta,
como estas? Muchas gracias por sus amables palabras 🙂 Mein Spanisch ist in Ordnung, aber ich vergesse doch wieder schnell die Vokabeln, wenn ich nicht regelmäßig spreche. Super, ihr wart auch in Chile? Das ist ja klasse! Ich hoffe, ihr hattet dort eine schöne Zeit! Ich gucke mir gleich mal euren Link an – bin schon gespannt 🙂
Saludos, Verena
WHUM! Da ist es! Hab deine Einträge und alles andere auf deinem Blog gelesen. Und bin geschockt, wie genau du doch den Nerv von auf jeden Fall schon mal einem Menschen auf dieser Welt triffst: Meinen!
All deine Gedanken, Meinungen, Gefühle sind genau das, was mir auch seit einiger Zeit im Kopf herum schwirrt.
Es gibt eigentlich nur vier Dinge, die uns wirklich unterscheiden: Ich will nach Canada, ich bin zu faul um 30 Kilo abzunehmen, ich will vor allem Tieren helfen und ich habe einen Freund, den ich unbedingt auf mein eventuelles Abenteuer mitnehmen möchte.
Und es gibt so viele Dinge, an die ich denke, wenn ich mir überlege einfach los zu gehen und sofort bekomme ich rote Backe, einen Kloß im Hals und rudere in Gedanken aber mal ganz schnell zurück, denn schon die bloße Vorstellung an den Verlust meiner Katze, den Verzicht auf meine geliebten Bücher, das “Verfremdeln” zu meiner Heimat und die Eventualität nicht mehr Fuß fassen zu können, sollte ich wieder kommen, machen mir Angst.
Ich freue mich schon auf neue Beiträge von dir und bin gespannt wie es weiter geht.
Vielleicht traue ich mich auch irgendwann und dann habe ich das bestimmt auch ein bisschen dir zu verdanken 🙂
Sollte es soweit kommen, werde ich mich melden.
Pass auf dich auf
Alles Liebe aus dem nass-kalten Oberbayern
Bianca
Liebe Bianca,
es freut mich wirklich sehr zu hören, dass ich dir ein bisschen aus der Seele sprechen konnte 🙂 Da sind wir ja auf jeden Fall schon mal 2…
Ich kenne das sehr gut, mit dem Kloß im Hals und der Angst vor Veränderung und eventuellen Auswirkungen.
Aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem du dich bereit fühlst, den nächsten Schritt zu wagen – und möge er in deinen Augen auch noch so klein sein.. Es ist ein Schritt!
Als ich in Südamerika war, hat mir meine Freundin einen weisen Sprüche mitgegeben: “un poquito, un poquito” – was so viel heißt wie: Schritt für Schritt. Immer mit kleinen Schritten unserem Ziel entgegen.
Und hey, ich bin auch noch nicht da! 🙂 Noch lange nicht. Ich kämpfe auch mit Unsicherheiten, Zweifeln und zu vielen Gedanken – aber wie du schon gesagt hast, ist es tröstlich zu wissen, dass wir nicht alleine damit sind!
Ich wünsche dir von Herzen alles Liebe!
Halte mich auf dem Laufenden! Und wenn du nach Canada gehen solltest: Dort gibt es wahnsinnig viele Jobs mit Tieren, sei es zur Pflege oder in einer Art National Park. Durch die Größe Canadas und die umwerfende Lauschschaft und Natur, der perfekte Ort dafür! 🙂
Verena
Liebe Verena,
schon ist es soweit. Manchmal geht es schneller als gedacht. Ich werde einen Schritt machen.
Ich habe diese Entscheidung bis jetzt vor mir her geschoben, weil es eine ziemlich große Veränderung für meine berufliche Laufbahn bedeuten würde und da mein Freund da auch große Pläne hat, die in einem Jahr beginnen sollen, habe ich mir gedacht: “Jetzt bringen wir ihn erst mal unter Dach und Fach und danach komm dann ich” WAS-FÜR-EIN-SCHMARRN!
Ich bin jetzt gleich dran und werde dieses Frühjahr/Sommer meine Hundetrainer-Ausbildung machen. Das wünsche ich mir schon so lange und immer habe ich mit den Sorgen um Zeit, Geld, eventuelle Probleme gekämpft. Aber für was? Dafür, dass ich mit 21 Jahren Angst vor allen Dingen habe, die ich nicht kontrollieren und bis ins kleinste Detail vorausplanen kann! Das ist doch Wahnsinn!
Also schmeiße ich jetzt einen großen Teil meiner Sorgenpäckchen ab und tu das, was ich schon immer tun wollte! =D
Und du hast zu dieser Entscheidung tatsächlich einen maßgeblichen Beitrag geleistet, denn du warst das Reiskorn, dass wie Waage zum Kippen gebracht hat – zur richtigen Seite!
Ich danke dir, für dein Vorbild und den Denkanstoß.
Ich berichte dir gern per Mail wie es läuft und vielleicht hast du ja ab und an einen guten Rat für mich =D
Alles Liebe
Bianca
Liebe Bianca,
du glaubst gar nicht, wie sehr mich das freut! Das hört sich so toll an, nach einer richtigen Herzensentscheidung – und die sind immer richtig! ich bin stolz, dass ich ein wenig dazu beitragen konnte und stolz, dass du es anpackst! Und du hast Recht: Wenn nicht jetzt, wann dann?! 🙂 Du bist sehr mutig, und ich bin mir sicher, dass das was du anpackst ein Riesenerfolg wird! Hau rein, liebe Bianca!
Ich wünsche dir von Herzen alles Liebe!
Ich muss offen zugeben. Grade weiß ich nicht, wie ich auf deine Seite gekommen bin. Aber egal bin froh sie entdeckt zu haben. Finde es eine spannende Geschichte und werde weiterhin dabei bleiben und mitfiebern.
Vielen Dank, das freut mich sehr 🙂 Viel Spaß beim Lesen weiterhin – Donnerstags gibts immer einen neuen Artikel. Schönen Sonntag für dich, alles Liebe, Verena
Hallo Verena,
du schreibst einfach fabelhaft! Den Poetry Slam kenne ich auch, deswegen sind deine Titel auch so passend. Ich glaube, du sprichst uns allen aus der Seele. Viel Glück und Erfolg weiterhin! 🙂
Liebe Grüße, Jean
http://jean-abovetheclouds.com
Liebe Jean,
vielen Dank für deine lieben Worte, das freut mich sehr 🙂
Ich habe mir gerade deinen Blog angesehen – er gefällt mir sehr gut! Vor allem den Titel finde ich super.
Lass uns schreiben und zusammen die Welt erobern 🙂
Alles Liebe,
Verena
Wenn ich es heut noch nicht deutlich gemacht habe, dann will ich es jetzt tun: ich bewundere deinen Mut und finde, dass du einen großen Schritt schon gemacht hast. Danke fürs Teilen!
👍🏻👌🏻